[10.6.2005]
Wolfach/Hausach. Die Zeit ist reif für eine Suizid-Selbsthilfegruppe, bald wird es ein Angebot für zurückgebliebene Angehörige geben. Das Thema soll nun aus der Tabu-Zone herausgeholt werden. Endlich können Betroffene dann aus ihrer Anonymität ausbrechen und sich mit Gleichgesinnten treffen. Vielleicht können sie dann die Trauer besser bewältigen.
Dorothea Brust-Etzel, Dipl. Sozialpädagogin vom Caritasverband Wolfach-Kinzigtal, der Sozialarbeiter Ingo Kempf, der Selbsthilfegruppen als Mitarbeiter des Landratsamtes begleitet und Diakon Willi Bröhl von der Diakonie trafen sich nun, um die ersten Schritte für die Gründung einer Gruppe zu gehen. „Wenn man jemanden durch Suizid verloren hat, ist es das größte Tabu.“, befand Kempf.
In Hausach fand vor einem Jahr eine Ausstellung zu diesem Thema statt. Sie war sehr stark frequentiert. Gleichzeitig wurden Informationsabende angeboten. Am Rande dieser Veranstaltungen kam es zu vielen intensiven Gesprächen. Es besteht also ein großer Gesprächsbedarf. Natürlich ist das Treffen kein Ersatz für eine professionelle Therapie.
Eine ähnliche Gruppierung gibt es in Offenburg, sie sei sehr hilfreich, erklärte der Sozialarbeiter. Je nachdem, ob der Suizid eines geliebten Menschen schon länger zurückliegt oder gerade erst geschehen ist, gehen die Angehörigen verschieden mit dem Geschehen um. So können sie sich in den Gesprächen sehr gut austauschen. Die Trauerarbeit durchläuft jeder Einzelne in verschiedenen Phasen und mit unterschiedlicher Heftigkeit. Die Zurückgebliebenen wissen zunächst nicht wie es weitergehen soll. Dennoch ist es das Ziel der neuen Gruppierung, den Blick auch auf die Zukunft zu richten. Meist ist es so, dass jemand der Hilfe erhalten hat, dann auch anderen helfen möchte.
„Gleiches Schicksal verbindet.“, stellte Willi Bröhl fest. Ingo Kempf wird die Selbsthilfegruppe in der Gründungsphase begleiten. „Alles was in der Gruppe besprochen wird, soll nicht nach außen dringen.“, betonte Kempf, Vertraulichkeit sei ganz wichtig. Es treffen sich dann Menschen, die von gleichen Sorgen und Ängsten geplagt werden. Natürlich gehe es darum, zurückzuschauen, für die Betroffenen sollen aber vor allen Dingen neue Wege aufgezeigt werden, das sollte das Ziel der Teilnehmer sein, sagte der Sozialarbeiter.
Willi Bröhl hofft sehr, dass die Menschen es schaffen, über ihren eigenen Schatten zu springen. Denn es sei nicht leicht, mit seinem Problem aus den eigenen vier Wänden auszubrechen. Im vergangenen Jahr wurden im Ortenaukreis insgesamt 58 Tote durch Suizid gezählt. Erschreckend sei es, dass diese Zahl höher war, als die der Verkehrstoten, erklärte Dorothea Brust-Etzel.
Die Verantwortlichen sprechen bei der Anmeldung zunächst mit jedem Interessenten. Die Treffen werden im katholischen Pfarrheim in Hausach stattfinden. Noch vor den Ferien soll das kostenfreie Angebot starten. Jeder kann so lange im Gespräch bleiben, wie er möchte. Im engen Kontakt mit der Caritas und der Diakonie wird dann auch entschieden, ob zusätzliche seelsorgerische Gespräche oder der Rat eines Psychologen hinzugezogen werden sollte. Man wird engen Kontakt zu den Fachleuten halten. Natürlich ist das Angebot nicht konfessionsgebunden.
Bis zum 24.06.2005 können sich Interessenten anmelden. Kontakt: Caritas Tel: 07834/83 48 16 und Dekanat Tel: 07834/86 79 35