Die Maiers waren die letzte Rettung für ein kleines Stacheltier

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[26.9.2005]
Haslach-Bollenbach. Familie Maier hat vor einigen Wochen viel Herz bewiesen, sie haben einem nur 44 Gramm schweres Igelbaby das Leben gerettet. Zwei Tage lang schien es nicht, als ob es das kleine stachelige Kerlchen schaffen würde, sein Leben hing an einem seidenen Faden. Eigentlich ist es ja die Aufgabe des Familienoberhaupts Thomas Maier, im Schwimmbad Leben zu retten, doch auch ein solch kleines Wesen konnte er nicht leiden sehen.

Den Familienmitgliedern war die Igelfamilie mit den drei Babys schon im Schopf aufgefallen, als die Mutter dann verschwunden war, fanden sie den kleinen Waisen hilflos vor. Er muss wohl vom Stachelkleid der Mutter abgefallen sein, leider kam sie nicht zurück, um ihr Kind weiterzuversorgen.

Maier´s baten bei Elke Ziriakus vom Tierschutzverein um Hilfe, doch trotz aller Tierliebe war auch sie zunächst etwas ratlos, da sie einen solch kleinen Findling in ihrer über vierjährigen Tätigkeit nicht gesehen hatte. Eigentlich wollte sie das schwache Stacheltier einschläfern lassen, es schien keine Rettung mehr zu geben und es sollte sich nicht mehr quälen.

Doch als sie es über Umwege schaffte, aus Offenburg Nahrung zu besorgen, war sein Schicksal besiegelt. Elke Ziriakus gab das Findelkind zur Pflege an die Bollenbacher zurück. Thomas Maier war froh, dass das Igelchen beherzt losfutterte, als es die rettende Spezialnahrung roch. Das weckte die letzten Lebensgeister und er nuckelte an einer winzigen Spritze um sein Leben.

Das hieß für sie anfangs jedoch, dass der Winzling in sehr kurzen Abschnitten gefüttert werden mußte. So packte die ganze Familie mit an, anfangs war schon nach einer anderthalben Stunde wieder Fütterungszeit. Er wurde jedoch von Tag zu Tag kräftiger und so vergrößterten sich die Abstände zwischen den Mahlzeiten schnell.  

Vor allem die Kinder Marvin (10 Jahre) und Janina (15) kümmern sich sehr intensiv um das Findelkind, inzwischen sind sie Igelspezialisten geworden. Mitten in der Nacht gab es oft letzte Futter, erst am frühen Morgen wurde die Futterspritze wieder aufgezogen. Natürlich musste er auch regelmäßig gesäubert werden.

Nach kurzer Zeit erkundete er als es ihm besser ging, das erste Mal das Gras, in der Küche kannte er sich dagegen schon bestens aus, hier hatte die neugierige Igelnase schon alles ganz genau erkundet. Das fand Maria Feger, die Oma der Familie die mit Kätzchen schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat einfach nur schön. Alle haben das Stacheltier fest in ihr Herz geschlossen, jeder noch so kleine Fortschritt wurde mit großer Freude zur Kenntnis genommen.

Keiner konnte sich dem Charme des pieksenden Freundes, der allzu oft mit seinem Milchbart auf die Suche nach Streicheleinheiten ing, entziehen. Der Zwerg erschnüffelte neugierig die für ihn so fremde Welt, mit wackelnden Stachelspitzen tapste er umher und nahm mit den kleinen runden Ohren jedoch Geräusch auf.

Jeden Morgen kam er auf die Waage. Schon nach kurzer Zeit machte er auf der Hand eine gute Figur, während er kürzlich noch verschwindend klein war. Die dünnen Beinchen konnten ihn kaum tragen. Nach der Milch kam schon erste feste Nahrung, wie Omas leckeres Rührei in den kleinen Magen.

Für den ungewöhnlichen Hausgast der Familie waren die wenigen Wochen bei den Maiers eher wie ein Aufenthalt im feinsten Hotel. Es gab immer etwas leckeres zu Essen, wenn der Magen knurrte und die Bauchmassage für die Anregung der Verdauungstätigkeit und viele Streicheleinheiten waren auch inklusive. War der Zögling satt, gings ab ins Schlafgemach. In einer Kiste hatte man es ihm richtig kuschelig gemacht.

Ein Kirschkernsäckle sorgte für die nötige Wärme. „Wir wollen ihn noch aufpäppeln, bis er etwa 350 Gramm hat.“, sagte Maier. Doch schon jetzt ist allen klar, dass er so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen soll. Sobald er kräftig genug ist, soll er auf dem Gelände eine Herberge bekommen, in der er wie seine Artgenossen auch seinen Winterschlaf halten soll.

Und schon bald ist es soweit. Inzwischen ist ein stattlicher Igel aus der kleinen schwachen Stachelkugel geworden und nachdem er noch vor einiger Zeit Körperkontakt und Streicheleinheiten mutig eingefordert hat, mag er es heute nicht mehr, wenn er berührt wird, er macht sich auf, ein freier und starker Igel zu werden und wird bald sein Winterquartier beziehen. Und auch dafür haben die Zieheltern schon vorgesorgt.

Dem Tierschutzverein ist es wichtig, dass alles getan wird was für den Igel gut ist, aber alles muss unter der Prämisse geschehen, dass das wilde Tier irgendwann in der Natur überleben kann. Der Abschied ist also schon absehbar, aber es wird allen schwer fallen, ist Igel „Momo“ doch der Mittelpunkt der Familie geworden. „Die ganze Familie hat mitgemacht.“, freute sich Elke Ziriakus, für die es immer etwas ganz besonderes ist, wenn sich auch Kinder für Tiere engagieren.

Zusatzinfo: Elke Ziriakus und auch die Tierärzte Dr. Schäffner und sein Kollege aus Haslach haben sich extra kundig gemacht. Denn bei der Igelaufzucht gibt es schon bei der Fütterung viel zu beachten. Außerdem schauen die Ärzte immer wieder nach dem Gesundheitszustandes ihres winzigen Patienten. Das Tierchen bekommt eine Spezialnahrung.

Bei der Igelmilch handelt es sich um eine extrem konzentrierte, energie- und fettreiche Milch. Andere Nahrung, wie etwa Ersatznahrung für Säuglinge ist völlig ungeeignet. Die Igelnahrung wird mit Fencheltee gemischt und täglich gibt’s Vitamine. Auch das Verabreichen des Futters ist schon ein Fall für sich. Die Bauchmassage ist wichtig für die Verdauung, dann muss das Tier auch oft gereinigt werden. Die Nahrungsmenge ist abhängig vom Körpergewicht.

Mit der Zeit verringern sich die Fütterungen und dann kann auch mageres, sehr gut zerkleinertes Rindfleisch, Katzendosenfutter oder Rührei gereicht werden. Es ist wichtig, sich sehr gut über die richtige Aufzucht zu informieren. Der Flüssigkeitsbedarf wird durch Wasser gedeckt. Sehr wichtig ist es, dass das Tier sich satt essen kann. Nur so wird er sein Winterschlafgewicht erreichen.

Mit einem Gewicht von  1000,0 – 1.200,0 g (erwachsene Igel)  bzw.  600,0  –  700,0 g (junge Igel) sollte man die Tier dann in den Winterschlaf schicken. Eine Zufütterung nach dem Erwachen und Aussetzen ist zu empfehlen. Hierdurch kann die Eingewöhnungsphase günstig  beeinflusst werden .

Text und Fotos: Anke Bauer

 

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