Faszination Sonnenfinsternis hautnah

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[03.4.2006]
Wolfach. Franz Schmalz beobachtet nicht nur das Wetter, er ist auch vom Vorgehen am Himmelszelt fasziniert und das nicht nur wenn nachts die Sterne funkeln. So sind für ihn Ereignisse, wie eine Sonnenfinsternis ein Grund, wieder ganz genau hinzuschauen.

      


Blicken wir kurz auf das Jahr 1999 zurück, am 11. August fand eine totale Sonnenfinsternis über Süddeutschland statt. Monatelang hatten sich viele Sternfreunde auf dieses Ereignis vorbereitet und gefreut. An diesem Tag jedoch trat für viele das ein, was man so neudeutsch mit „worst-case“ bezeichnet, also quasi der „Katastrophenfall“. Wie auf Bestellung hatte sich an diesem Tag eine Wetterfront nach Deutschland gemogelt, statt eines blauen Himmels gab es eine teilweise dichte Wolkenpampe aus der es an vielen Orten regnete oder zum Teil auch gewitterte.

In Stuttgart wo sich hunderttausende in der „Sonnenfinsternishauptstadt“ versammelt hatten, war ausser der kurzen Dunkelheit weiter nichts zu beobachten. Der Frust saß also tief. Für viele also mehr als ein Grund bei einer der nächsten Finsternisse das versäumte nachzuholen. Spontan hatten sich letzte Woche, nachdem die Wetterprognosen für die Totalitätszone in der Türkei immer besser wurden, Franz Schmalz und Wilfried Öhler vom Astronomischen Verein Ortenau zu einer Schnellbuchung entschlossen.

Voller Erwartung fuhr man am Vortag der Finsternis mit dem Zug zum Flughafen Frankfurt, um dort in der Nacht mit den ersten Problemen konfrontiert zu werden. Die Maschine, die in Hamburg einen Teil der Finsternisreisenden hätte aufnehmen sollen, konnte wegen eines technischen Defekts nicht starten. War das Unternehmen nun etwa in Gefahr??

Zum Glück nicht, das Reiseunternehmen beschaffte eine Ersatzmaschine die dann nach drei Uhr in der Frühe zunächst mal nach Hannover unterwegs war, um die Reisegruppe von Hamburg aufzunehmen. Um fünf Uhr ging es dann endgültig in Richtung Konya. Nach dreistündigem Flug landete die Maschine gegen neun Uhr Ortszeit auf dem Flugplatz von Konya im anatolischen Hochland. Strahlender Sonnenschein empfing die Finsternisbeobachter und ließ die Stimmung steigen.

Nach dem Auschecken und der Abholung des teilweise recht umfangreichen Gepäcks, viele hatten ganze Teleskopausrüstungen dabei, ging es in die bereitgestellten Busse, welche die Sonnenbeobachter an einen günstigen Beobachtungsplatz bringen sollten. Dieser wurde dann auch einige Kilometer weiter nordöstlich gefunden.

Eine weitere Gruppe Sonnenbeobachter hatte die Spitze des Hügels bereits „eingenommen“, doch es war genügend Platz für die nun inzwischen sicher fast 300-köpfige Beobachterschar. In aller Ruhe konnten in der verbleibenden Zeit Instrumente und Zusatzgeräte aufgebaut werden. Einfach toll was man da alles zu sehen bekam, der ganze Einfallsreichtum der Hobbyastronomen kam dabei zum Tragen, musste man doch immer Kompromisse zwischen dem was mitzunehmen war und was den Anforderungen noch genügte.

Währenddessen stieg langsam die Spannung und alle erwarteten den ersten Kontakt des Mondes mit der Sonnenscheibe, der auch pünktlich zum angegebenen Zeitpunkt eintrat. In etwas mehr als einer Stunde schob sich der dunkle Mond immer weiter vor die Sonne. Das Licht wurde langsam fahler und der leichte Wind, der wehte, fühlte sich kälter an. Kurz vor 14 Uhr zeigte sich nur noch eine ganz schmale Sonnensichel.

Die Anspannung aller Teilnehmer war nun groß. Von Südwesten raste der Mondschatten heran, die letzten Strahlen der Sonne verschwanden hinter den Mondbergen und dann leuchtete der Strahlenkranz der Sonne mit einem Mal auf. Dunkelheit lag nun über dem Hügel der Sonnenbeobachter, zwar keine völlige Nacht, da vom weiten Horizont her noch etwas Restlicht in wundervollen Farben herüberleuchtete.

Ein Raunen ging über den Platz. Wer ein Fernrohr oder einen Feldstecher besaß, konnte zudem noch wundervolle Protuberanzen sehen, die sich mit ihrer intensiven roten Farbe deutlich hervorhoben. Während die einen staunend schauten, versuchten andere das Ereignis mit ihren Kameras einzufangen. Das faszinierende Schauspiel dauerte etwas mehr als drei Minuten. Erst lugten wieder kleine Protuberanzen hinter dem Mondrand hervor, dann brachen wieder erste Strahlen hinter dem Mondrand durch und in sekundenschnelle wich die Nacht und das Sonnenlicht kehrte zurück.

Beifall brach unter den Zuschauern aus, die in der anatolischen Steppenlandschaft in der Einsamkeit der Natur und fernab des hektischen Betriebes der türkischen Südküste dieses Schauspiel verfolgt hatten. Diese karge völlig baumlose Landschaft mit ihren sanften Hügeln gab eine große Kulisse für diese Sonnenfinsternis. Alle waren höchst zufrieden, wenn auch die leichte Cirrusbewölkung verhindert hatte, dass man zum Beispiel Sterne in der Umgebung der Sonne sehen konnte, nur Venus mit ihrer großen Strahlkraft zeigte sich westlich der verdunkelten Sonne.

Während die ersten nun schon wieder ihre Instrumente wegpackten, hielten andere weiter durch und beobachteten auch den Verlauf der abnehmenden Finsternisphase bis zum Ende. Nach einem Besuch der Karawanserei in der alten Türkenstadt Sultanhani brachten die Busse alle Reiseteilnehmer wieder zum Flughafen Konya. Von dort aus startete die Maschine in Richtung Deutschland mit zufriedenen aber nun auch müden Sonnenfinsternisbeobachtern. Wohl nicht wenige werden sich in den nächsten Jahren wieder zu einer neuen Reise entschließen, wenn wieder ein Tag der „Schwarzen Sonne“ stattfindet.

Text und Bilder: Franz Schmalz

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