[17.6.2005]
Friedrichshaven. Der Klimawandel führt in Baden-Württemberg zu milderen Temperaturen und mehr Wetterextremen wie Hagel, Gewittern und Stürmen. Die jährliche Durchschnittstemperatur im Südwesten sei seit 1950 um 1,5 Grad gestiegen, sagte Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) am Donnerstag in Friedrichshafen am Bodensee beim 4. Internationalen Kommunalen Klimaschutzkongress. Der von Landwirtschaft und Tourismus geprägte Bodenseeraum sei besonders von den Klimaveränderungen betroffen, da sich mit steigenden Temperaturen die Tier- und Pflanzenwelt wandele.
Massive Auswirkungen seien auch auf die Wirtschaft zu erwarten. Gönner appellierte an Städte und Gemeinden, eigene Initiativen zum Klimaschutz zu entwickeln und grenzüberschreitend zu kooperieren. «Für Kommunen ist es wichtig, sich zu vernetzen», betonte Gönner. Eine neue Studie der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) über Klimaschutz am Bodensee gebe dazu Anregungen. Die IBK, der Bundesländer und Kantone Deutschlands, Österreichs und der Schweiz sowie Liechtenstein angehören, ist Mitveranstalter der Tagung. Bei ihr beraten 300 Politiker und Experten aus den Bodensee- Anrainerländern über Schutzmaßnahmen.
Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) forderte zu mehr Engagement beim Klimaschutz auf. «Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken», sagte er bei einem Kurzbesuch des Kongresses. Baden-Württemberg sei bereit, im Rahmen der IBK über den Bodensee hinweg partnerschaftlich zu kooperieren. Friedrichshafen und der Bodenseekreis seien ein Beispiel «für die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie», von Natur, Landwirtschaft, Tourismus und Industrie.
Die Klimaerwärmung hat nach Ansicht von Prof. Christoph Kottmeier von der Universität und vom Forschungszentrum Karlsruhe für die Bodenseeregion Vor- und Nachteile. «Wärmere Sommer sind für den Tourismus angenehm, mehr Unwetter oder weniger Schnee in den Bergen beeinträchtigen ihn aber zugleich», sagte Kottmeier der dpa. Licht und Schatten sieht er auch für die Agrarwirtschaft. «Warmes Klima steigert die Erträge, feuchte Wärme führt jedoch zu mehr Schädlingsbefall», meinte der Wissenschaftler.
Die wachsende Zahl so genannter Starkregen und von Stürmen vergrößerten zudem die Hochwassergefahr. Daher seien neue Schutzbauten und Warnsysteme erforderlich. Der rapide Gletscherschwund, der Rückgang der Permafrostgebiete und die immer höher liegende Schneegrenze in den Alpen gefährdeten vorhandene Wintersport-Anlagen wie Bergbahnen.
Kottmeier verwies auf wissenschaftliche Untersuchungen, nach denen in der Bodenseeregion die Niederschläge im Winter deutlich zugenommen haben und im Sommer eine wachsende Zahl von Gewittern niedergehe. So verzeichne Konstanz im Schnitt 34 Gewittertage im Tage, sagte er. Vor rund 100 Jahren seien es noch 16 Tage gewesen. Bei Versicherungsschäden durch Hagel belege das deutsche Bodensee-Gebiet mit 18 Euro pro Hektar im Jahr einen Spitzenplatz in Baden-Württemberg.
Gegen eine Verlängerung der Skisaison mit Hilfe künstlicher Beschneiung sprach sich Erich Schwärzler aus. Das Mitglied der Regierung des österreichischen Bundeslands Vorarlberg betonte: «Wir sollten mit der Natur, nicht gegen sie leben.» Ferner forderte er beim Klimaschutz eine globale Zusammenarbeit. «Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei», unterstrich er.
Text: Landesportal Baden-Württemberg