Ein junger Afghane berichtet Landrat Frank Scherer von seiner langen Flucht. Foto: Ortenaukreis/Kai Hockenjos

[08.09.2023]
Ortenau. Landrat Scherer hat am Dienstag das provisorisch für Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMA) errichtete Zeltnotlager bei einer Lahrer Inobhutnahmestelle besucht. Die dort untergebrachten Jugendlichen berichteten dem Landrat von ihrer langen Flucht über mehrere Länder hinweg, sie seien dankbar, nun „ein Dach über dem Kopf“ zu haben, regelmäßiges Essen zu bekommen und Menschen um sich, die sich um sie kümmern. „Dieses Dach in Form der Zelte ist eine Notlösung, weil wir im Moment keine andere passende Unterbringungsmöglichkeit mehr haben. Wir arbeiten aber mit Hochdruck an einer besseren Lösung für rund 50 junge Menschen“, forderte der Landrat.

Weil die Inobhutnahmestellen des Ortenaukreises für junge Menschen aus allen Nähten platzen, wurden auf dem Parkplatz einer Lahrer Einrichtung in der vergangenen Woche in einer Blitzaktion sechs Zelte errichtet, ausgestattet mit Feldbetten, Zeltheizungen und sanitären Anlagen. Vor Ort dankte Scherer Sigrid Lettau, Präsidentin des DRK Kreisverbands Ortenau und Lahrs Feuerwehrkommandant Thomas Happersberger für den schnellen und unbürokratischen Einsatz von DRK und Feuerwehr, die das Notlager und die sanitären Anlagen innerhalb kürzester Zeit auf die Beine stellten.

Aktuell sind 20 Plätze in den Zelten belegt, die jungen Menschen stammen hauptsächlich aus Afghanistan und Afrika, der Großteil sind männliche Jugendliche. In der Inobhutnahmestelle betreut der Ortenaukreis 55 UMA bei 32 zur Verfügung stehenden Plätzen.

„Aktuell greift die Bundespolizei fast jede Nacht minderjährige Flüchtlinge im zweistelligen Bereich auf und bringt sie in unsere Inobhutnahmestellen. Wir haben aber längst keine Kapazitäten mehr. Trotz hohem Aufwand bei der Immobiliensuche steht aktuell kein anderer geeigneter Wohnraum mehr zur Verfügung, das Zeltlager ist auch ein Hilferuf in Richtung Stuttgart“, erläuterte Jugendamtsleiterin Melanie Maulbetsch-Heidt.

Baden-Württemberg habe seine Aufnahmequote im Bereich der UMA erfüllt, erklärte Maulbetsch-Heidt dabei. „Sicher auch auf Druck des Ortenaukreises hat das Sozialministerium am Montag nun eine neue Weisung erlassen, dass neu ankommende UMAs in Bundesländer verteilt werden, die ihre Quote noch nicht erfüllt haben“, so die Jugendamtsleiterin. Dies bedeutet, dass die Quote der UMA, die dauerhaft im Ortenaukreis verbleiben, zunächst nicht ansteigen wird. Aktuell muss der Ortenaukreis dauerhaft rund 180 Jugendliche unterbringen. „Schon seit vergangenen Herbst steigen die Zahlen immer mehr an, wir mussten in den vergangenen Monaten für die Jugendlichen, die bei uns bleiben, 45 zusätzliche Plätze schaffen“, so Maulbetsch-Heidt.

Das Jugendamt des Ortenaukreises ist für die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise zuständig. Das bedeutet, der Ortenaukreis hat die gesetzliche Verpflichtung nach dem achten Sozialgesetzbuch, alle UMA im Zuständigkeitsbereich zunächst in Obhut zu nehmen. Durch die Grenzlage ist der Ortenaukreis besonders stark von Zugängen betroffen.

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