Der Schriftsteller Ilija Trojanow und die Musiker Wladigeroff-Brüder

[14.07.2024]
Hausach. Zweimal im Jahr verwandelt sich Hausach in das pulsierende Herz der deutschen Literaturszene. Das 27. LeseLenz-Literaturfestival, ins Leben gerufen von dem visionären Gründer José F.A. Oliver, widmet sich in diesem Jahr dem Motto „Die Würde der Freiheit“.

Die Eröffnung am 12. Juli wurde durch die Worte des Hausacher Bürgermeisters Wolfgang Herrmann geprägt, der seine Bedenken über den weltweit schwindenden Freiraum zum Ausdruck brachte: „Ich habe besonders in letzter Zeit das Gefühl einer extremen Zunahme von Einschränkungen auf der ganzen Welt. Egal, ob es der Verlust von Freiheit mittels Inhaftieren von Personen ist – denn es ist einfacher, Andersdenkende wegzusperren, als sich mit ihnen verbal auseinanderzusetzen – oder z. B. das Verbot, eine Meinung frei zu äußern. Ich hoffe, dass wir wenigstens in Europa wieder zu einem vernünftigen Zusammenhalt kommen, um auch diesen furchtbaren Zuständen adäquat entgegenwirken zu können.“

Die Brisanz des Festivalthemas spiegelte sich auch in der Auswahl der literarischen Werke wider, insbesondere in „Tausend und ein Morgen“ von Ilija Trojanow. Dieser vielschichtige Abenteuerroman, aus dem der Autor persönlich vorlas, beschäftigt sich mit Themen wie Freiheit und Geschichtsdeterminismus. Der Roman stellt die Konfrontation mit gesellschaftlichen Grenzen dar, wo die Frage nach individueller und kollektiver Freiheit eine zentrale Rolle in der Geschichte spielt. Die Protagonistin Cya, ausgestattet mit Zeitreise-Technologie, unternimmt eine missionarische Reise in die Vergangenheit, um das Leid der Menschheit zu lindern. Sie interveniert sogar während der turbulenten Zeiten der russischen Revolution, um Lenin zu neutralisieren.

Spektakulärer Höhepunkt des Abends war Trojanows dramatische Einfahrt in die Hausacher Stadthalle mit einem historischen Delaunay-Belleville-Automobil.

v.l.n.r: Ilija Trojanow, Schriftsteller und José F.A. Oliver, Begründer und Kurator des Hausacher LeseLenz

Wie der Besitzer des Oldtimers, Christoph Hofbauer, gegenüber kinzigtal.de verriet, erhielt er kurz vor Leselenz einen Anruf von Trojanow mit der Frage, ob er wisse, in welchem Auto Lenin 1918 saß, als ein Attentat auf ihn verübt wurde. Hofbauer wusste es: Es war ein Delaunay-Belleville. Und ein solches Unikat aus dem Jahr 1909 hat er sogar in seiner Garage stehen. So stand nichts mehr im Wege, den historischen Moment nachzustellen und das 115 Jahre alte Fahrzeug von München nach Hausach zu transportieren.
Musikalisch untermalt wurde der Abend von den bulgarischen Wladigeroff-Brüdern, deren Klänge perfekt zu den emotionalen Momenten der Geschichte passten.

So vielschichtig wie der Roman ist auch der LeseLenz im Laufe der Jahre geworden. Neben den öffentlichen Lesungen bietet das Festival innovative Formate wie „kinderleicht & lesejung“ für Kinder und Jugendliche, WeltLese, vom Poetischen W:ort, Versopolis, die Werkstatt-Bühne. Darüber hinaus fördert der Hausacher LeseLenz Autoren durch Stipendien und Preise.

José F.A. Oliver hat es treffend formuliert: „Hausach hat sich in die literarische Landkarte Deutschlands eingeschrieben“. Das internationale Festival LeseLenz ist ein Beispiel dafür, wie eine kleine Stadt zum Schauplatz großer Ideen werden kann, wie Literatur Brücken bauen und Menschen vereinen kann, über alle Grenzen hinweg.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.